Zu Besuch bei ... Arthur Schopenhauer in L. A.
Dritter Teil: Die Reportage
Hegel, ohne Schuhe und Strümpfe, unrasiert, sichtlich verstört ... Wurde er gefoltert? ... sitzt auf dem nackten Fußboden, ein Pappschild um den Hals: Ich bin ein Betrüger!
Stimme aus dem Off. Ist es Arthur? "Sprich in die Kamera!"
Hegel in die Kamera: „Ich bin ein Betrüger! Mein Ruhm ist frech erschlichen."
Stimme aus dem Off. „Lauter, Kerl! Man versteht dich kaum.“
Hegel lauter: „Ich habe es nie zu einer einzigen wirklich großen, echten und originellen Leistung gebracht. Ich habe überhaupt nie irgend ein Werk von bleibendem Wert in die Welt gesetzt. Ich bin ein sub … sub… sub …“
Stimme aus dem Off: „Subordiniertes, verschlagenes Wesen. Er muss es nur ablesen. Selbst dazu ist er zu blöd!“
Hegel: „Ein subordiniertes, verschlagenes Wesen mit einem unvertilgbaren Hang zum Lügen.“
Hegel schlägt die Hände vors Gesicht und weint.
Stimme aus dem Off: „Weiter! Hundertachtzig Sekunden bis zur Werbung.“
Hegel: „Ich verstecke die bitterste Gedankenarmut unter einem unermüdlichen, klappermühlenhaften, betäubenden Gesalbader. Was kann ich dafür, wenn das deutsche Publikum meinen Wortkram Seite für Seite liest, ohne zu wissen, was der Schreiber eigentlich will: es meint eben, das gehöre sich so. In Folge meiner schwachen Vernunft klebe ich an der Gegenwart, sehe immer nur das Nächste und nehme den Schein für die Sache selbst. Für Philosophie, Kunst und Musik habe ich keinen Sinn.
Trotzig: Man kann von mir auch nichts anderes erwarten, wenn man erwägt, dass ich niedrig gewachsen, schmalschultrig, breithüftig und kurzbeinig bin. Ich bin gar kein Mann, noch nicht einmal ein Mensch. Ich bin ein Weib. Jawohl, hier und jetzt sage ich: Ich bin ein Weib! Und das ist gut so! Alles an mir … Alles …“
Stimme aus dem Off: „Koketterie und Äfferei.“
Hegel: „Die Verstellung ist mir angeboren. Alles an mir ist Koketterie und Äfferei.“ Errötet. Kichert verlegen. „Aber ich darf Ihnen versichern, dass mich die Natur mit den Waffen und Werkzeugen ausgerüstet hat, deren es zur Sicherung meines Daseins bedarf. Ich besitze eine eigentümliche Heiterkeit, die meinem Wesen und Treiben einen gewissen Leichtsinn verleiht.“
Stimme aus dem Off: „Genug, schafft ihn weg! Werbung!“
Petra-Amöneburg-Zöckler: „Und so sehen wir betroffen / Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“
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Anmerkung
Zwischen Schopenhauer und der Philosophie, wie sie an Universitäten gelehrt wird, personifiziert durch Hegel, gibt es eine lebenslange Fehde. Schopenhauer fühlt sich übergangen, nicht beachtet, mit seinem Werk nicht ernstgenommen. Andere, aus seiner Sicht mindere Geister, machen Karriere. Er regt sich fürchterlich auf, spuckt Gift und Galle, drückt sich aber immer vorbildlich und in bestem Deutsch aus, klar und unmissverständlich. Ein verständlicher Philosoph - vermutlich gilt das in Deutschland als unphilosophisch. Die Hegel in den Mund gelegten Zitate finden sich bei Schopenhauer im Original in den Parerga und Paralipomena, und zwar in den Aufsätzen "Über die Weiber", "Über Gelehrsamkeit und Gelehrte", "Über Schriftstellerei und Stil".
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